Erinnerst du
dich, liebe Leserin, lieber Leser, an das letzte Mal, wo du mit «Was, das
gibt’s?!» reagiert hast? – Wenn z.B. ein Mensch in einem Männerkörper davon
erzählt, dass sie sich als Frau identifiziert. Oder wenn zu vernehmen ist, dass
mennonitische Christ:innen in der Ukraine unterschiedslos ukrainischen und
russischen Menschen Hilfe leisten. Wenn die Eltern kundtun, dass sie sich
scheiden lassen wollen. Oder die beste Kollegin das Studium abbricht und eine
Lehre als Töpferin beginnen will. Vielleicht, wenn wir plötzlich erfahren, dass
wir von einem Leiden mit langfristigen Konsequenzen betroffen sind.
«Was, das
gibt’s?!» Da verschiebt sich etwas in der gewohnten Sicht auf das, was man kennt
und weiss. Es entsteht so etwas wie ein Spalt, ein Riss im Acker unseres
alltäglichen Lebens. Durch diesen Riss scheint etwas Unbekanntes, Neues
hindurch. Das kann uns begeistern, stören oder auch ängstigen. «There is a
crack in everything. That’s how the light gets in», singt Leonard Cohen in
seinem berühmten Lied «Anthem». Pflügen
wir diesen Riss also nicht gleich wieder unter! Kleistern wir den vielleicht
verwirrenden Spalt nicht sofort mit dem Alltagspinsel wieder zu. Lassen wir uns
ein auf den Spalt! Schauen, lauschen, fühlen wir, was uns daraus entgegenkommt!
Wie unsere Sichtweisen aufgewirbelt und neu geordnet werden. Wie sich das Leben
verändern, erweitern und vertiefen mag.
Im forum³ haben Studierende ihre Kreativität entdeckt. Andere haben darin eine Heimat
gefunden während der Zeit der Pandemie. Noch andere haben von schwierigen
Lebensphasen Abschied nehmen können. Hinter dem Riss des «Was, das gibt’s?!»
kann sich ein Schatz im Acker verbergen, für den wir bereit werden, manches
einzusetzen. Mitunter konkretisiert sich dieser Schatz auch in der Gestalt eines
unerwarteten Vertrauens in eine:n G:tt*, der/die uns liebt.
Thomas Schüpbach-Schmid, Hochschulseelsorger und Leiter forum³
*Diese an jüdische Praxis angelehnte Schreibweise will Gott als das alle Worte übersteigende Geheimnis wahren.
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