Die beiden Refforum-Assistentinnen JACQUELINE (blaue Schrift) und JIL (schwarze Schrift) - genannt J&J - geben in dieser Reihe "nachhaltige" Einblicke in das Zusammenleben mit ihrer jeweiligen Mitwelt. Heute: nachhaltiger Einkauf.
Letzte Woche in der Bäckerei: Ich hielt meine
Stofftasche hin, damit das Brot, ohne Umwege in einer Papiertüte machen
zu müssen, direkt in diesem super sauberen Leinensack umweltfreundlich
nach Hause
transportiert werden konnte. Die Bedienung so: «Umwelt ist jetzt nicht
so wichtig», und steckte das Brot in eine Papiertüte. Ist dem wirklich
so? Sollte die Umwelt in der jetzigen Corona-Situation hintenanstehen?
Ist Corona wichtiger als die Umwelt?
Schon vor Corona habe ich genau wie Jil meine Einkäufe etwas mehr auf umweltfreundlich umgestellt. Und jetzt, wo wir alle nur noch zum Einkaufen raus sollten, kann mensch das ja mal bewusst nachhaltiger machen. Wie kauft man nun nachhaltig ein ohne grossen Mehraufwand?
Begeben wir uns doch auf eine imaginäre Einkaufsreise: Wenn ich,
wie wohl die meisten, in einen der herkömmlichen Einkaufsläden wie Coop
oder Migros gehe, so habe ich meist die Wahl zwischen unverpacktem
Gemüse und Früchten oder in Plastik verpackten
Bio-Produkten. Was ist nun wichtiger: verpackungslos einkaufen oder
pestizidfrei essen? Weiter geht es bei den Milchprodukten (oder auch Kokos, Soya oder Hafer) - Verpackung reiht sich an Verpackung. Dann kommen die Backwaren mit wunderbar in Verpackungen eingerollten Brötli. Weiter spaziere ich zur Fleisch- und Fischtheke. Mensch könnte sich natürlich entscheiden, Vegi zu sein. Aber dazu ein andermal. Aktuell nehme ich gerne zwei bis drei Mal pro Woche etwas tierische Proteine zu mir. Höhnisch grinsen mich die glänzenden Plastikverpackungen an. Ich sehe den überfüllten Abfallsack zu Hause bereits vor mir. Während das schlechte Gewissen weiter
an mir nagt, gehe ich über zu Haferflocken, Teigwaren und Tomatensauce. Alles verpackt - sei es nun in Plastik, Karton, Glas
oder Dosen. Zu Hause angekommen, scheint meine Küche überfüllt zu sein.
Weshalb? Genau. Wegen der vielen Verpackungen.
Genau dieselben Beobachtungen habe auch ich gemacht. Auf dem Land, wo ich wohne, gibt es leider (noch) keinen Unverpackt-Laden. Allerdings gibt’s einen Metzger, einen Milchbauern und eine Bäckerei. Seit Februar bin ich da neue Stammkundin. Meine Runde mit Baby im Veloanhänger sieht so aus: Zuerst
fahren wir zur «Milchtankstelle», einem Automaten, der Milch in dein
mitgebrachtes Gefäss füllt. Kleiner Tipp hier: Ein 3-Liter-Einmachglas
in einer Stofftasche hat eine grosse Öffnung und ist dicht. Weiter
geht’s zur Bäckerei
mit der Stofftasche. Seit Corona sage ich immer: «Bitte geben Sie mir
das Brot direkt in meine Hand, danke» und stecke dann die insgesamt vier
Brote selbst in meine mitgebrachte Tasche. Das klappt. Weiter geht’s
zur Migros. Dort bekommt mensch Regio-Eier unverpackt und seit neuestem auch ein «Eier-Tupperware», das mittlerweile zum Standardinventar in meiner Einkaufstasche gehört. Den restlichen Einkauf, ausser den Fleischprodukten, mache ich so biologisch und regional wie möglich, halt auch mit Verpackung. In der Metzgerei angekommen, könnte ich manchmal den halben Laden leer kaufen, wenn da nicht meine begrenzte Anzahl Tupperware wäre. So bin ich gezwungen, meinen «Gluscht» beiseite zu schieben und nur soviel mitzunehmen, wie wir tatsächlich benötigen. Seit ich in der Metzgerei, die nur regionale Produkte vertreibt, einkaufe, ist mir der «echte» Preis von Fleisch vielmehr bewusst. Schon dem Portemonnaie zuliebe sollte mensch Vegi sein. Aber eben, dazu ein andermal. Apropos, Gemüse und Früchte lasse ich mir seit geraumer Zeit von mahlerundco.ch liefern. Spart immens Zeit, und mensch erhält beste Qualität fast ohne Kompromisse: immer bio,
saisonal und aus der Schweiz, zudem fast unverpackt - einfach natürlich
etwas teurer als 08/15-Gemüse aus Spanien oder Argentinien.
Ich hingegen wohne in Bümpliz, Bern. Ich habe das Glück, dass meine Eltern,
die auf dem Land wohnen, etwas einen Vogel haben. Und zwar nicht nur
einen, sondern eine ganze Hühnerschar. Genauer gesagt halten sie als Haustiere bzw. Gartentiere vier Hühner. Wenn ich denn mal zu Hause bin, darf ich mich jeweils grosszügig an deren Eiern bedienen. Die
Eier von unseren glücklichen Hühnern sind die besten! Ansonsten besorge
ich mir fast alles Gemüse und Früchte sowie Eier und gewisse
Milchprodukte im Hallerladen, der äusserst praktisch nahe beim Forum in der
Länggasse liegt.
Natürlich
hat der Laden auch Backwaren, Teigwaren, Reis und Nüsse und so weiter.
Jedoch ist mein Budget insofern beschränkt, als ich mir keine Packung
Nüssli für 15 Fr. leisten kann. Hinzukommt, dass ich mich wegen meiner
Zöliakie glutenfrei ernähren muss und die Teigwaren tatsächlich nur von
der Marke «Barilla» geniessbar sind sowie die Haferflöckli
beispielsweise zertifiziert «glutenfrei» sein müssen. Es trifft sich,
dass die besten glutenfreien Produkte sich im Coop finden. Also erledige
ich den zweiten Teil meiner Einkäufe dort und achte insbesondere
darauf, dass ich möglichst regionale Produkte und sonst sicher Fairtrade- und Bio-Ware einkaufe. Zudem habe ich die sonnigen Stunden genutzt, um frische Kräuter in meinen WG-Chrütligarten
anzupflanzen. Ich freue mich bereits auf den frischen Basilikum mit
Tomaten, selbstgemachten Pfefferminztee, Currys mit aromatischem
Koriander und eigener Peperoncini sowie Kresse und Chia-Sprossen auf dem
Salat.
Jils WG-Chrütligarten
Meine Mitbewohnerin geht das Ganze etwas anders an: Dadurch, dass sie nicht auf solche Labels schaut, spart sie erheblich Geld beim Essen ein und
kann sich dadurch leisten, mehr in den Ausgang zu gehen oder auswärts
zu essen. Dafür geniesse ich beim Kochen meine speziellen Bio-Rüebli
oder lokalen gelben Randen aus meinem Biolädeli, und Jacqueline experimentiert mit neuen Rezepten für Gemüse, das sie sonst wahrscheinlich nie gekauft hätte. Nebenbei bemerkt, seit der Corona-Quarantäne sind die Auftragszahlen bei Mahler und Co. explosionsartig gestiegen. All die Leute, die mensch zuvor beim Feierabendbier, beim Kaffee am Samstagmorgen oder bei den sonntäglichen Fussballmatches angetroffen hat, scheinen jetzt fleissig Bio-Boxen zu bestellen. Es gibt sogar digitale Warteschlangen für solche Boxen (selbstverständlich mit zwei Metern Abstand). Vielleicht kommen nun ja auch die Durchschnittsschweizer*innen auf den Geschmack von Biogemüse aus dem eigenen Land...?
Worauf achtest du bei deinen Einkäufen? Welches sind deine Lieblingsläden? Wir freuen uns über deinen Kommentar!
J&J
Jacqueline Matheis, stud. Linguistik und Germanistik
&
Jil Kiener, stud. Interreligiöse Studien und Spanisch
Assistentinnen Ref. Forum
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