Für 2025 habe ich mir einen neuen
Wunsch überlegt: «Ich wünsche dir stimmige und stimmungsvolle Weihnachten!». Die
Formulierung stimmt für mich.
Stimmige Weihnachten? – Gar nicht so einfach. Für manche fühlt sich das Fest un-stimmig an. Viele haben das Gefühl, sie müssten sich während der Festtage ziemlich verbiegen, um weihnächtlichen Ansprüchen und familiären Traditionen zu genügen – oder so zu sein, wie man sich in der eigenen Bubble an Weihnachten eben verhält.
Wie wird Weihnachten für dich
stimmig? Brauchst du dafür ein feines – aufwändiges – Festessen mit der
Familiensippe? Oder möchtest du lieber mit ein paar Freund*innen im Wald ein
Feuer machen und eine Suppe kochen? Wärst du froh, dich aus dem Rummel ausklinken
zu können, Zeit für dich zu haben und dich darauf
zu besinnen, was dir wichtig (geworden) ist? Sollte es denn trotz Lernphase nicht
möglich sein, deine Bücher, Podcasts und Powerpoint-Folien auf die Seite zu
legen – und dich durch die Festtage (oder doch einem Teil davon) einfach
treiben zu lassen? Hättest du eigentlich Lust, eine Christnachtfeier in der
kerzenhellen Kirche zu besuchen, wenn da nicht der mitleidige Blick der
Kolleg*innen wäre?
Wann ist Weihnachten für dich stimmig? Klar, nicht alles ist möglich. Ich möchte uns jedoch ermutigen, den Spielraum, den wir haben, für mehr Stimmigkeit zu nutzen!
Stimmungsvolle Weihnachten? – fast automatisch kommt einem das Bild von der warmen Stube, sanftem Licht von den Kerzen am Baum, Tannenduft, dem Feuer im Cheminée, davor Menschen in froher Harmonie. Nun, das ist eine mögliche Stimmung an Weihnachten. Stimmungsvoll meint aber viele Stimmungen, ja eigentlich alle Stimmungen. Weihnachten ist voll von ganz verschiedenen Stimmungen. Alle gehören dazu.
Zum Beispiel die Müdigkeit und Leere nach einem Semester übervoll von Lernen, Arbeiten und noch dem Umzug in eine neue WG. Oder der Stimmung von Ohnmacht angesichts eines Zerwürfnisses in der Familie und der Gewalt in der Welt. Zu Weihnachten kann auch die Trauer über eine zerbrechende Beziehung gehören. Auch die Begeisterung für ein Forschungsprojekt, das ausgerechnet jetzt keine Pause braucht. Zu Weihnachten gehört auch das Gefühl, mit Weihnachten nun gar nichts anfangen zu können – und es doch irgendwie feiern zu müssen – und vielleicht irgendwo auch zu wollen.
Stimmungsvolle Weihnachten – das
heisst, die Fülle der Stimmungen und Gefühle dürfen sein! Wenn wir uns
gegenseitig erlauben, ehrlich mitzuteilen, wie es uns geht, wird es leichter,
sich selbst diese Ehrlichkeit zuzugestehen. Teilen wir einander mit, wie es uns
an Weihnachten wirklich geht! Dann können wir die Erfahrung machen, dass
Harmonie nicht der Ausgangspunkt von Weihnachten ist, sondern dessen Frucht.
Denn die Diversität, die Gegensätze und Kontraste brauchen, wollen erst
gewürdigt sein, bevor sie in einer lebendigen Harmonie verbunden werden.
Mit dieser Offenheit für die Fülle unserer Stimmungen werden wir uns auch öffnen können für den Grund von Weihnachten: das göttliche Kind, das in die Disharmonie der Welt kommt, um uns Mut zu machen für die Zukunft, für das persönliche Leben und das Leben miteinander.
Oder wie es Andrea Schwarz in einem Gedicht sagt:
Wenn das Schwache in mir leben
darf
wenn ich mir meine Sehnsucht
eingestehe
wenn ich das Dunkel aushalte
wenn das Leise in mir in der
Stille erklingt
wenn in mir Neues heranwächst
und in die Welt drängt
dann brauche ich die
Solidarität dieses Gottes
der Kind wird
Vielleicht war Weihnachten schon

Kommentare
Kommentar veröffentlichen